Rock & Bluse in Größe 86 mit wiederverwertetem Kragen

07:00 Marie 7 Comments

Was freut mich so richtig? Genau, hübscher, billiger Stoff.
Was freut mich noch mehr? Schöner, kostenloser Stoff!
Es lebe die Grabbelkiste! 

Als ich diesen süßen Blümchenstoff einpackte, fand ich außerdem noch eine äußerst interessante und ungewöhnliche Mischung aus schlumpfeisblauem, kurzflorigem Plüsch mit Lackbeschichtung in Kroko-Optik oder so. Die Beschreibung klingt vielleicht etwas eigenwillig, aber so sieht dieser Stoff auch aus. 
Mein Gedankengang war ähnlich konfus: "Wer kauft denn so was?!  Wer stellt denn so was her? Ach, eigentlich ist das SO hässlich, dass es schon wieder cool ist. Irgendwann könnte daraus mal ein Kostüm oder Plüschtier werden…" Und zack, war es auch eingepackt…
Zurück zum hübschen Stoff, der das heutige Ensemble hergab. Aus gerade mal 35 cm (und voller Stoffbreite von 145 cm) konnte ich zwei Kleidungsstücke für meine kleine Nichte nähen. Der Kragen ist übrigens von einer alten Damenbluse abgetrennt und wiederverwendet worden. 
Bevor ich gleich die Anleitung teile, die sich hauptsächlich mit dem Kürzen des Kragens auf Kindergröße befasst, noch eine kurze Anekdote zur eigenen Blödheit vom Wochenende.

Am Samstag war ich mit Freundinnen auf einem Mädchenflohmarkt, kaufen und verkaufen. Dazu wollte ich mal Cupcakes backen, weil wenn schon hipster-esque auf dem Flohmarkt, dann ruhig ein bisschen mehr.
Nachdem ich also nach dem Duschen gemütlich im Schlafanzug abends mit Backen beginnen wollte, fiel mir mein Mangel an Kakaopulver auf. 
21:45 Uhr. 
Kurz hin und her überlegt, und dann ganz schnell doch noch mal angezogen, halbwegs vorzeigbar hergerichtet und auf's Fahrrad geschwungen. Geschwind auf meinem treuen "Amy Farrah Fahrrad" zur Rewe geflogen und den Mangel behoben...
Als die Cupcake-Unterteile dann im Ofen waren, machte ich mich an die Karamellcreme (weil Karamell = super geil und so).
Um vor dem Verrühren mit Creme Fraiche auf Güte und Erstklassigkeit des Karamells zu testen, wollte ich also kosten. Am Ende wäre mir vielleicht was angebrannt, das Karamell somit bitter und alles für die Tonne. Das konnte und wollte ich mir nicht leisten.
Haben alle noch die vorgerückte Uhrzeit im Hinterkopf? Nuja. Auf dem Löffel ist das Karamell sofort erstarrt und am warmen, glasartigen Zuckerklumpen wollte ich nicht lutschen und konnte auch sowieso nichts schmecken.
Da kam mir die glorreiche Idee, mit dem Löffel, etwas Karamell auf meinen Finger zu tröpfeln und von da zu kosten. Meine Hände sind zwar fast immer eisekalt, aber vielleicht doch wärmer als das Löffelmetall. 
Warum ich nicht im Kopf hatte, dass der Spaß trotzdem noch verdammt heiß war, weiß ich nicht. 
Als ich es dann auf dem Finger hatte und sich das Karamell schön einbrannte, fiel es mir jedenfalls wieder ein. Irgendwie musste das sofort runter, aber ich wollte ja noch kosten… Zum Glück habe ich mir nicht auch noch die Zunge verbrannt…
Zumindest war das Karamell nicht bitter.
Die Brandblase ist aber leider gar nicht geil. Auf dem aller besten Platz des linken Zeigefingers. Was beim Tippen gerade gar keinen Spaß macht.
Ich weiß, dass man die Blase nicht aufstechen soll, aber hat vielleicht jemand noch einen Tipp? Ich dachte, ich hätte den mega Durchbruch erlangt, als ich nach sauren Umschlägen am nächsten Früh NICHTS mehr von der Blase gesehen hatte. Ich war so verwirrt, dass ich schon alle anderen Finger auf Blasen überprüfte. Schließlich verschwinden die doch nicht so einfach über Nacht…
Im Laufe des Tages kam die Blase aber wieder. Und gestern Früh das gleiche Spiel… Hat jemand eine Erklärung, die nicht mit meinen halbmagischen Fähigkeiten zusammenhängt?
Auch wenn sie nicht weh tut, nervt die Blase. Wer also Tips hat, raus damit. bitte.

Nu weiter im Programm.
Die Kragenverkürzung benötigt einiges an Bügeln, anstecken und vorher natürlich auftrennen. Insgesamt sind beide Teile in etwa anderthalb Stunden fertig. Der Rock ist in 30 Minuten locker schaffbar.

Man braucht:


Kragen einer Damenbluse oder eines Herrenhemdes
35 cm x 145 cm Stoff
Schere, Garn, Nadel, Nähmaschine, Nahtauftrenner, Stecknadeln
Gummiband + Unterspule
Bügeleisen

Los geht es mit dem Ab- und Auftrennen des Kragens.
An der Knopfleiste mit geringer Umbügelzugabe einschneiden. Entlang des Halsausschnitts alles auftrennen und den Stoff von den Schultern entfernen.
Auf den gewünschten Halsumfang wird gekürzt, indem man den Kragen aufeinander faltet und quasi am Stoffbruch (rechts bereits abgetrennt) die überflüssigen Zentimeter abschneidet, dabei aber Nahtzugabe lassen. Außerdem muss man die Stofflagen auftrennen, um den Kragen wieder zusammenfügen zu können. Der lilane Pin hält die untere Stofflage weg. Der kaum sichtbare, rosane Pin fixiert die obere Stofflage.
Wenn man den Kragen später trägt, soll man die neuen Nähte möglichst schlecht sehen.
Also wird zu erst die Oberseite des Kragens wieder aufeinander genäht.
Anschließend wird die Nahtzugabe aufgebügelt. (Auf dem Bild sieht man auch nochmal gut die Notwendigkeit, die Stofflagen 1-2 cm aufzutrennen)
Anschließend bügelt man die eine Seite der Zugabe schmal um. (rechts, lilaner Stern-Pin)
Die andere Seite wird dann zur Mitte hin aufgefaltet und bedeckt die aufgebügelte Nahtzugabe von zuvor. Dann wird die umgebügelte Kante (lilaner Pin) ebenfalls umgeklappt, sodass die Stofflagen des Kragens wieder geschlossen sind.
Das sieht dann in etwa so aus. Anschließend wird mit gerader Naht die umgebügelte Kante festgesteppt.
Auf der Rückseite der eben gesetzten Naht bzw der späteren Oberseite des Kragens sieht es dann so aus. (Herrlicherweise treffen sich nicht alle horizontalen Nähte, was aber am Kragen liegt und nicht an mir…) Über die zuvor aufgetrennten Stofflagen steppen, sodass alle Nähte durchgehend verlaufen.
Wenn es schnell gehen soll, näht man alle ähnlichen Nähte nacheinander, ohne jedes Mal die Maschine zu stoppen. Hier sind die Schulternähte der Bluse zu sehen.  Die Seitennähte und Armausschnittblenden zum Beispiel wie bei dieser Bluse nähen.
Diesen Schritt habe ich nicht fotografiert, weil ich selbst noch nicht so 100% weiß, was ich da mache. Mein Schnittmuster sah wie die obere Grafik aus. Das Vorderteil habe ich dann eingeschnitten, und den Kragen eingesetzt, wobei alle weißen, umgebügelten Kanten des Kragens den Blümchenstoff sandwich-artig eingeschlossen haben. Dann habe ich ringsherum den Kragen festgesteppt.
So sah mein Kragen hinterher aus. Ein bisschen hat er vorn gezuppelt, aber dank des Musters fällt es nicht wirklich auf.
Der Rock ist aus dem restlichen Stoff wirklich schnell genäht.
Den Saum mit dem Rollsaumfuß nähen.
Am Bund eventuell einen schmalen Tunnel für Gummilitze lassen, falls der Rock noch zu groß ist und nicht allein durch das Smocken hält. Man kann aber auch hier mit dem Rollsaumfuß schnell nähen.
Um zu smocken, von Hand(!) die Gummischnur locker aufwickeln. Gelernt habe ich diese Technik bei make it and love it.
Dann wird mit der Gummifadenunterspule und regulärem Oberfaden sowie langem, geradem Stich parallel genäht. Bei jeder neuen Reihe den Faden gut durch Rückstiche sichern. Es kann helfen, die Unterfadenspannung zu lockern bzw die Oberfadenspannung zu erhöhen.
Die Nähte werden auf der rechten Seite gesetzt, sodass der Gummifaden der Unterspule auf der linken Seite des Stoffes ist.
Ohne eingezogene Gummilitze sah mein Röckchen aus, als hätte es eine Paperbag-Waist (Papiertüten Taille?!?! Das muss doch hübscher heißen…)
Nach dem Smocken nur noch die Seitennaht schließen und fertig ist der Rock.
Zusammen oder getrennt zu tragen und bestimmt zuckrig süß, anzusehen.

Heute wieder bei Creadienstag und auch mal beim upcycling Dienstag weil der Kragen einem neuen Leben entgegensieht.

7 Kommentare:

  1. Hey! Super süß geworden das Ensemble! Jetzt würde ich es sehr gerne noch mal an der Nichte sehen ;-) Und die Anleitung ist klasse, Danke! Ich werde in zwei Wochen auch Tante, da kann ich mich dann noch mal beim Nähen im Mini-Format ausleben!
    Liebste Grüße
    Johanna

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  2. Hej,

    das mit dem Kragen sieht ja klasse aus! Süße Idee!

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  3. Liebe Marie,
    es tut mir ein bisschen gut zu lesen, dass andere Leute auch so hohl sind wie ich (pardon), dennoch bemitleide ich Dich jetzt mal wegen der Blase. Und weiß auch nicht weiter.
    Deine Kombi ist sensationell schön geworden, vielen Dank auch für die Erklärung dazu.
    Beste Grüße sendet Nina

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  4. Das ist ja total süß!
    Ich bewundere auch immer deine Schritt-für-Schritt-Bilder und die tollen computer-gebatelten Bildchen!
    Gute Besserung übrigens für den Zeigefinger!
    Ehrlich gesagt steche ich Blasen immer auf, gibt für mich keine andere Lösung ;) . Waren die Cupcakes wenigstens gut?

    LG Vera

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    1. Also ich fand sie echt lecker und wurde auch prompt damit aufgezogen, ob ich nicht NOCH einen essen möchte. Und noch einen?
      Gibt auch ein paar herrlich schlimme Bilder, wie ich mir dann doch noch einen ins Gesicht stopfe und vor lauter Aufgezogen-werden vor Lachen heule…

      Ich war jetzt schon kurz davor, die Blase aufzustechen. Aber auf wikipedia (also muss das stimmen!) steht was von Schutzmechanismus und optimalem Heilmilieu, und jetzt hab ich sie liebgewonnen.
      Wurde deshalb schon zärtlich als "Klatschi" bezeichnet ^^

      Liebe Grüße
      Marie :)

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    2. :D Haha, sofern die Zunge wieder ok war, hattest du dir ja deine Cupcakes verdient ;)
      In dem Fall glaube ich Wikipedia nicht… Zu viel eigene empirische Forschungsarbeit…
      Übrigens: Die neuesten Graphiken sind schon wieder so toll!
      LG

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  5. Die Kleine wird wahnsinnig süß aussehen und ich bin wie bei allen deinen Projekten von deiner Nähkunst begeistert. Wirklich toll!
    Und naja Karamell - ich verbrenn mir jedes Mal wahlweise Finger, Mund oder Zunge. Warum ist der sch* Zucker auch so heiß? Tipps hab ich leider keinen, ich halte das dann einfach immer aus und versuche die Blase zu ignorieren. :)
    Hab noch eine schöne Woche, liebste Grüße, Eva

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